Warum gibt es keine Familienversicherung in der PKV?
Die private Krankenversicherung funktioniert nach einem grundlegend anderen Prinzip als die gesetzliche Krankenversicherung. Während in der GKV das Solidarprinzip gilt und Beiträge einkommensabhängig sind, basiert die PKV auf dem Äquivalenzprinzip: Jede versicherte Person zahlt einen Beitrag, der dem individuellen Risiko entspricht.
Das bedeutet konkret: In der PKV gibt es keine kostenlose Familienversicherung. Jedes Familienmitglied benötigt einen eigenen Versicherungsvertrag mit individueller Beitragszahlung. Diese Tatsache überrascht viele Interessenten und kann die Entscheidung für oder gegen die PKV erheblich beeinflussen.
Die Kalkulation erfolgt dabei nach Alter, Gesundheitszustand und gewähltem Leistungsumfang. Kinder zahlen zwar deutlich niedrigere Beiträge als Erwachsene, aber es entstehen dennoch zusätzliche Kosten für jedes Kind.
Was kostet die Krankenversicherung für Kinder in der PKV?
Die Beiträge für Kinder in der privaten Krankenversicherung variieren je nach Versicherer und Tarifwahl, liegen aber typischerweise zwischen 80 und 180 Euro monatlich. Einige wichtige Aspekte:
Keine Gesundheitsprüfung bei rechtzeitiger Anmeldung: Wenn Sie Ihr Kind innerhalb von zwei Monaten nach der Geburt bei Ihrer PKV anmelden, erfolgt keine Gesundheitsprüfung und es werden keine Risikozuschläge erhoben. Diese Regelung gilt unabhängig von eventuellen Vorerkrankungen oder Geburtskomplikationen.
Stabile Kindertarife: Die Beiträge für Kinder bleiben während der gesamten Kindheit relativ konstant. Erst mit Eintritt ins Erwachsenenalter erfolgt ein deutlicherer Beitragssprung, da dann auf Erwachsenentarife umgestellt wird.
Leistungsumfang: Die Kindertarife bieten in der Regel hervorragende Leistungen, oft sogar bessere als für Erwachsene. Dazu gehören Vorsorgeuntersuchungen, Schutzimpfungen, kieferorthopädische Behandlungen und Heilpraktikerleistungen.
Beispielrechnung für eine Familie: Eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern zahlt in der PKV schnell 600 bis 1.000 Euro monatlich allein für die Kinder, wenn beide Eltern privat versichert sind. Hinzu kommen die Beiträge für die Erwachsenen.
Kosten für nicht erwerbstätige Ehepartner
Besonders relevant für viele Familien ist die Frage, was passiert, wenn ein Partner die Erwerbstätigkeit aufgibt oder reduziert, beispielsweise zur Kinderbetreuung.
Eigenständiger Vertrag erforderlich: Auch der nicht erwerbstätige Ehepartner benötigt in der PKV einen eigenen Versicherungsvertrag. Anders als in der GKV gibt es keine kostenlose Mitversicherung.
Beitragshöhe: Die Beiträge für nicht erwerbstätige Ehepartner richten sich nach Alter und Gesundheitszustand zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Frauen zahlen aufgrund statistisch höherer Gesundheitskosten oft etwas mehr als Männer. Typische Beiträge liegen zwischen 350 und 600 Euro monatlich, abhängig vom Eintrittsalter und Leistungsumfang.
Wechsel während der Elternzeit: Wer bereits privat versichert ist und in Elternzeit geht, bleibt in der Regel in der PKV versichert. Die Beiträge laufen weiter, auch wenn kein Einkommen mehr vorhanden ist. Dies kann zu erheblichen finanziellen Belastungen führen.
Alternative Lösungen: Manche Paare entscheiden sich bewusst dafür, dass der Partner mit dem niedrigeren Einkommen gesetzlich versichert bleibt oder zurück in die GKV wechselt, bevor die Familienplanung beginnt. So können die Kinder in der gesetzlichen Familienversicherung kostenfrei mitversichert werden.
Kombi-Lösung: Ein Partner in der GKV, einer in der PKV
Für viele Familien stellt die Mischlösung den praktischsten Kompromiss dar. Diese Konstellation bietet sowohl finanzielle Vorteile als auch Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung.
Voraussetzungen für die kostenlose Familienversicherung: Kinder können in der GKV kostenfrei mitversichert werden, wenn mindestens ein Elternteil gesetzlich versichert ist und dieses Elternteil ein geringeres Einkommen hat als der privat versicherte Partner. Zudem darf das Einkommen des gesetzlich versicherten Elternteils nicht höher als die Versicherungspflichtgrenze sein.
Typisches Szenario: Der Hauptverdiener mit hohem Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze wechselt in die PKV und profitiert von besseren Leistungen und oft niedrigeren Beiträgen im Vergleich zur GKV. Der Partner mit niedrigerem Einkommen bleibt gesetzlich versichert und versichert die Kinder kostenfrei mit.
Finanzielle Vorteile: Diese Lösung kombiniert die Vorzüge beider Systeme. Der PKV-versicherte Partner erhält Chefarztbehandlung, kurze Wartezeiten und freie Arztwahl. Gleichzeitig spart die Familie die hohen Kosten für die private Versicherung der Kinder.
Einschränkungen beachten: Die kostenlose Familienversicherung in der GKV gilt nur, wenn bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Aktuell liegt die Grenze für geringfügige Beschäftigung bei 538 Euro monatlich. Bei höherem Einkommen des gesetzlich versicherten Partners entfällt die Möglichkeit der Familienversicherung.
Vor- und Nachteile der PKV für Familien
Vorteile
Hochwertige Versorgung für Kinder: In der PKV genießen Kinder oft exzellente medizinische Betreuung mit kürzeren Wartezeiten bei Fachärzten, Zugang zu modernsten Behandlungsmethoden und erstklassiger zahnmedizinischer Versorgung inklusive Kieferorthopädie.
Keine Gesundheitsprüfung bei Neugeborenen: Die Kindernachversicherung ohne Gesundheitsprüfung innerhalb von zwei Monaten nach Geburt ist ein erheblicher Vorteil, besonders wenn Komplikationen bei der Geburt auftreten oder das Kind gesundheitliche Einschränkungen hat.
Langfristige Planbarkeit: Einmal in der PKV versichert, profitieren Kinder ein Leben lang von den früh abgeschlossenen Konditionen und den aufgebauten Altersrückstellungen.
Nachteile
Hohe Gesamtkosten: Für Familien mit mehreren Kindern summieren sich die monatlichen Beiträge schnell auf 1.000 Euro oder mehr – zusätzlich zu den Beiträgen der Eltern.
Keine Beitragsfreiheit in Elternzeit: Wer in Elternzeit geht, muss die PKV-Beiträge weiter zahlen, auch ohne Einkommen. Dies kann zu finanziellen Engpässen führen.
Erschwerter Rückweg in die GKV: Hat die ganze Familie in die PKV gewechselt, ist der Weg zurück in die gesetzliche Versicherung steinig und oft unmöglich, besonders wenn das Haupteinkommen dauerhaft über der Versicherungspflichtgrenze liegt.
Risiko steigender Beiträge: Im Alter können die Beiträge deutlich steigen, was bei mehreren Familienmitgliedern zu erheblichen finanziellen Belastungen führen kann.
Praktische Entscheidungshilfe: Wann lohnt sich die PKV für Familien?
Die Entscheidung für oder gegen die private Krankenversicherung sollte bei Familien besonders sorgfältig getroffen werden. Folgende Faktoren sprechen für die PKV:
Hohe finanzielle Sicherheit: Das Haushaltseinkommen liegt deutlich und dauerhaft über der Versicherungspflichtgrenze, idealerweise mit einem Puffer von mindestens 20 Prozent.
Wenige Kinder: Bei einem oder zwei Kindern sind die Gesamtkosten noch überschaubar. Ab drei Kindern wird die finanzielle Belastung erheblich.
Langfristige Karriereplanung: Sie gehen davon aus, dass Ihr Einkommen stabil bleibt oder weiter steigt und ein Rückweg in die GKV nicht nötig wird.
Wert auf medizinische Premiumversorgung: Ihnen sind kürzere Wartezeiten, freie Arztwahl und Zugang zu Spezialisten wichtig.
Kombi-Lösung möglich: Ein Partner kann gesetzlich versichert bleiben und die Kinder kostenfrei mitversichern.
Hingegen sprechen folgende Faktoren gegen die PKV für Familien:
Unsichere Einkommenssituation: Als Selbstständiger oder in einem volatilen Berufsfeld kann das Einkommen schwanken.
Großer Kinderwunsch: Bei drei oder mehr Kindern werden die Gesamtkosten sehr hoch.
Geplante längere Auszeiten: Wenn ein Partner mehrere Jahre aus dem Beruf aussteigen möchte, entstehen erhebliche Kosten ohne entsprechendes Einkommen.
Begrenzte Rücklagen: Ohne ausreichende finanzielle Reserven können steigende Beiträge im Alter zum Problem werden.
Häufige Fehler bei der Familienplanung in der PKV
Viele Familien treffen die PKV-Entscheidung, ohne alle Konsequenzen zu bedenken. Diese Fehler sollten Sie vermeiden:
Zu spät mit der Planung beginnen: Idealerweise sollten Sie vor der Familienplanung klären, wie Sie Ihre Familie versichern möchten. Ein Wechsel zurück in die GKV wird mit zunehmendem Alter und Einkommen immer schwieriger.
Frist für Kindernachversicherung verpassen: Die Zwei-Monats-Frist nach der Geburt ist strikt. Versäumen Sie diese, erfolgt eine Gesundheitsprüfung mit möglichen Risikozuschlägen oder Leistungsausschlüssen.
Gesamtkosten unterschätzen: Rechnen Sie nicht nur die aktuellen Beiträge, sondern kalkulieren Sie auch zukünftige Beitragssteigerungen und die Kosten für alle Familienmitglieder über Jahrzehnte hinweg.
Vorschnell beide Partner in die PKV wechseln: Prüfen Sie genau, ob die Kombi-Lösung für Ihre Situation besser geeignet ist. Der Verzicht auf die kostenlose Familienversicherung wiegt finanziell schwer.
Tarifdetails nicht vergleichen: Nicht alle PKV-Tarife sind gleich gut. Achten Sie besonders bei Kindertarifen auf umfassende Leistungen bei Vorsorge, Kieferorthopädie und stationären Behandlungen.
Checkliste: Ihre Entscheidung vorbereiten
Bevor Sie als Familie in die PKV wechseln oder dort bleiben, sollten Sie folgende Punkte klären:
- Wie viele Kinder planen wir? Welche Gesamtkosten entstehen für die ganze Familie?
- Ist eine Kombi-Lösung mit einem Partner in der GKV möglich und sinnvoll?
- Wie stabil ist unser Einkommen langfristig? Können wir steigende Beiträge im Alter stemmen?
- Welche Tarife bieten die besten Leistungen für Kinder zu angemessenen Preisen?
- Haben wir ausreichend finanzielle Rücklagen für unvorhergesehene Situationen?
- Ist ein Rückweg in die GKV realistisch, falls sich unsere Lebenssituation ändert?
- Welche steuerlichen Vorteile können wir bei den PKV-Beiträgen nutzen?
Steuerliche Aspekte: Beiträge absetzen
Ein oft übersehener Vorteil der PKV-Beiträge: Sie können als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden. Dies gilt sowohl für die eigenen Beiträge als auch für die Versicherung von Kindern und Ehepartnern.
Basisabsicherung: Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die medizinische Grundversorgung sind in voller Höhe absetzbar.
Zusatzleistungen: Beitragsanteile für Leistungen, die über das Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen, können Sie nur begrenzt absetzen.
Kinderfreibeträge: Für jedes Kind können Sie die PKV-Beiträge zusätzlich geltend machen, was die steuerliche Gesamtbelastung reduziert.
Die steuerliche Ersparnis kann je nach Einkommen und Steuersatz mehrere tausend Euro pro Jahr betragen und sollte in Ihre Kostenrechnung einfließen.
Fazit: Individuelle Abwägung entscheidend
Die private Krankenversicherung bietet für Familien keine kostenlose Familienversicherung – jedes Mitglied benötigt einen eigenen Vertrag. Dies führt zu erheblichen Mehrkosten, besonders bei mehreren Kindern.
Dennoch kann sich die PKV für Familien lohnen, wenn das Einkommen stabil und ausreichend hoch ist, die Anzahl der Kinder überschaubar bleibt und Wert auf hochwertige medizinische Versorgung gelegt wird. Die Kombi-Lösung mit einem Partner in der GKV bietet oft den besten Kompromiss zwischen Kosten und Leistung.
Entscheidend ist eine langfristige, realistische Planung, die alle finanziellen Aspekte berücksichtigt – von den aktuellen Beiträgen bis zu möglichen Steigerungen im Alter. Holen Sie sich professionelle Beratung ein und vergleichen Sie verschiedene Tarife gründlich, bevor Sie eine Entscheidung treffen, die Ihre Familie über Jahrzehnte begleiten wird.



